Großer Zapfenstreich – was ist das eigentlich?10. August 2011

Wie bereits am vergangenen Samstag auf der Königsübung in Kirchhellen wird es auch am Schützenfest-Samstag, wenn das Fest am Ehrenmal beginnt, den so genannten Großen Zapfenstreich geben. Doch was ist das eigentlich und was hat er mit Kirchhellen zu tun? Oberst Johannes Miermann beschreibt die Hintergründe und Zusammenhänge eines Großen Zapfenstreichs:

Der „Große Zapfenstreich“ wird von der Allgemeinen Bürger-Schützengesellschaft Kirchhellen zu zwei Anlässen in einem Festjahr aufgeführt. Diese sind die Königsübung
(3. Übung) und die Feierstunde am Ehrenmal zum Beginn des Schützenfestes.
Der Begriff des Zapfenstreichs entstammt der Zeit des ausgehenden sechszehnten Jahrhunderts, als auch die ersten Kirchhellener Schützen ihr Hab und Gut verteidigten. Wenn die Landsknechte zur festgesetzten Abendstunde in das Lager zurückkehren sollten, ging ein Offizier, begleitet von einem Pfeifer oder Trommler, durch die Gaststuben und schlug mit seinem Stock auf den Zapfen des Fasses. Danach durfte der Wirt keine Getränke mehr ausgeben und die Soldaten mussten in die Zelte. Diesen musikalischen Befehl nannten die Landsknechte „Zapfenstreich“.

Der „Große Zapfenstreich“ ist im deutschen Volk seit der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts bekannt und als ein besonderes und feierliches Abendzeremoniell der Streitkräfte und der Militärmusik geschätzt. Im Zeremoniell haben sich zwei Überlieferungen des Truppenlebens im Felde bis heute erhalten: Der Brauch des Zapfenstreichsignals und die Sitte, Gelegenheit zum Abendgebet über alle Konfessionen hinweg zu geben. Unverzichtbare Bestandteile des Großen Zapfenstreiches sind:

1. die Partitur des Großen Zapfenstreichs
2. die symbolische Gelegenheit zum Gebet
3. die Nationalhymne als Lied der Deutschen

Der von der Bürger-Schützengesellschaft aufgeführte „Große Zapfenstreich“ ist ein Militärmusikstück und beschränkt sich auf die vorgenannten drei Kernelemente.
Grundsätzlich zu unterscheiden ist dieses zivile Zeremoniell, das bei der Königsübung mit Schwerpunkt zur Ehrung des amtierenden Königpaars und bei der Feierstunde am Ehrenmal mit Schwerpunkt zum Gedenken an die Toten der Kriege aufgeführt wird, von dem militärischen Zeremoniell der Deutschen Bundeswehr. Dort wird der Große Zapfenstreich ausschließlich zur Ehrung höchster politischer Amtsträger beim Ausscheiden aus deren Amt oder zu hohen militärischen Veranstaltungen aufgeführt, jedoch nicht zum Totengedenken.

Als weitere Unterschiede entfallen in Kirchhellen das Spielen des „Yorck´schen Marsches“ beim Einmarsch des Schützenbataillons, ein Begleitzug mit Schützen für den Spielmannszug sowie die Serenade vor dem eigentlichen „Großen Zapfenstreich“. Die in Kirchhellen aufgeführte Form dieses Militärmusikstücks ist für die Kirchhellener Bürgerschützen:

zu 1. ein Ausdruck der Verbundenheit zu dem jahrhunderte altem Brauchtum der Bürgerschützen und der Ehrung des Königpaars als Repräsentanten dieser Tradition
zu 2. das Gedenken an die Toten der Kriege (auch aktuelleren Datums) und zum Aufruf zu Frieden und Toleranz
zu 3. das Bekenntnis zu unserer freiheitlich, demokratischen Grundordnung

Somit bringt dieses höchste Zeremoniell in einer hervorragenden Weise wichtige Wertvorstellungen des Bürgerschützentums zum Ausdruck. Die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Mitwirkenden (Königsthron, Vorstand, Schützenbataillon, Spielmannszug, Zuschauer) und die Erhabenheit des Ablaufs dieses Musikstücks sind Zeichen des Gemeinsinns der Bürger Kirchhellens.

Ullrich Schrade, Johannes Miermann